Vortrag bei Vollversammlung des „Quali-Net O.“
Welche „Risiken und Nebenwirkungen“ hat das zum 1. Januar 2009 in Kraft tretende Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die rund 250 in Oberhausen niedergelassenen Haus- und Fachärzte sowie deren Patienten? Zu diesem Thema referierte jetzt Universitäts-Prof. Dr. Günter Neubauer, Direktor des Münchener Instituts für Gesundheitsökonomie, im Rahmen der sehr gut besuchten Vollversammlung des „Quali-Net O.“, dem 2005 gegründeten Qualitätsnetz Oberhausener Ärzte e.V., im Berufsförderungswerk Oberhausen.
Bündelung weiterer Aktivitäten
Fazit: „Mit Ihrem Netzwerk haben Sie bereits einen Schritt in die richtige Richtung getan, um Ihren Patienten trotz schon erfolgter und erneut bevorstehender gesetzlicher Einsparmaßnahmen auch künftig eine optimale medizinische Versorgung bieten zu können.“ Dennoch bedürfe es im organisatorischen Bereich der Bündelung weiterer Aktivitäten, „vornehmlich, wenn es um die sachliche und personelle Infrastruktur geht“, so Neubauer.
2009 ist Wahljahr
Kern- und Knackpunkt der neuen Gesundheitsreform sei der bundesweit einheitliche, von der Politik vorgeschriebene Beitragssatz aller gesetzlichen Krankenkassen, die künftig durch einen nationalen Gesundheitsfonds finanziert würden. „Aber: 2009 ist Wahljahr. Deshalb wird die Politik bemüht sein, den Beitragssatz möglichst niedrig zu halten, denn das erfreut zunächst sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer und ist damit populär“, erläuterte Neubauer.
Da die Krankenkassen zwar gesetzlich in gewissem Umfang mögliche, jedoch im Wettbewerb kundenschädliche Zuschläge tunlichst vermeiden würden, sei eine Verlagerung der Problematik auf die Vertragspartner der Kassen, sprich: die Ärzte, zu erwarten. Neubauer: „Wer hier als allein für sich und seine Patienten kämpfender Haus- und Facharzt versucht, den Krankenkassen Paroli zu bieten, der wird keine Chance und keine Zukunftsperspektive haben.“
Dem Trend vieler anderer Branchen folgend votierte der Gesundheitsökonom daher für geradezu konzernartig aufgestellte Zweckbündnisse: Kaum ein Arzt könne es sich künftig leisten, Geräte, Fachkräfte, IT-Peripherie bis hin zu Abrechnungs-Tools einzeln für sich vorrätig zu halten. Vielmehr liege die Zukunft in größeren Gemeinschaftspraxen, die sich den Kostenaufwand teilen und bestenfalls von einem eher kaufmännisch als medizinisch versierten Geschäftsführer gemanagt würden. „Der verhandelt dann die Verträge mit den Krankenkassen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen etc. und hat, da er gleich für eine Vielzahl von Medizinern spricht, ein ganz anderes Standing“, so Neubauer, der seine Ausführungen mit einer Vision abschloss: „Gut möglich, dass derartige Netzwerke später mal direkt als Krankenkassen vor Ort fungieren.“
Als Gemeinschaft auftreten
Kommt es also zu „Dres. XY GmbH & Co. KGs“? Dr. Tilmann Kornadt und Dr. Andrei Tudor Sufrin, Vorstandsvorsitzende des „Quali-Net O.“, sehen sich und ihre Zunft bereits jetzt schon immer häufiger im Spagat zwischen gesetzlich Erlaubtem und medizinisch Wünschenswertem: „Wir dürfen uns aufgrund des Kostendrucks mit der Rolle als Vollzugshelfer für fachlich schlechtere Behandlungen nicht abfinden. Unsere Patienten haben Anspruch auf eine optimale Betreuung – und deshalb müssen wir alles daran setzen, ähnlich einer Gewerkschaft als KV-Ärzte geschlossen aufzutreten und als eine starke Gemeinschaft medizinisch berechtigte Forderungen und Interessen zu vertreten. Das sind wir unseren Patienten einfach schuldig.“